Silkatwolken in der Atmosphäre eines jungen Gasriesen

23.03.2023 Berlin
Astro News,
Beobachtungen des jungen, heißen Gasriesen VHS 1256 b mit dem James Webb Space Telescope lieferten jetzt spannende Daten über eine ferne Welt, die gleich um zwei Sonnen kreist: In der turbulenten Atmosphäre des rund 40 Lichtjahre entfernten Planeten scheint es Wolken aus Silikatpartikeln zu geben. Außerdem konnte man Wasser, Methan und Kohlenmonoxid nachweisen.
![]() Künstlerische Darstellung des extrasolaren Planeten VHS 1256 b, der in einem großen Abstand gleich zwei Sonnen umkreist. |
Durch Beobachtungen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop haben Forscherinnen und Forscher Silikatwolken in der Atmosphäre des heißen Gasriesen VHS 1256 b nachweisen können. Der ferne Planet ist rund 40 Lichtjahre von der Erde entfernt und umrundet nicht nur einen, sondern gleich zwei Sterne in einem Zeitraum von 10.000 Jahren. Seine Atmosphäre ist offenbar ständig in Bewegung. Im Laufe eines 22-stündigen Tages auf der fernen Welt wird so fortwährend heißeres Material nach oben und kälteres Material nach unten befördert.
Die daraus resultierenden Helligkeitsschwankungen sind so dramatisch, dass es sich um das variabelste Objekt mit Planetenmasse handelt, das bisher bekannt ist. Das Team unter der Leitung von Brittany Miles von der University of Arizona wies zudem eindeutig Wasser, Methan und Kohlenmonoxid nach und fand Hinweise auf Kohlendioxid. Es handelt sich um die größte Anzahl von Molekülen, die jemals auf einem Planeten außerhalb des Sonnensystems auf einmal identifiziert wurden.
“VHS 1256 b ist etwa viermal weiter von seinen Sternen entfernt als Pluto von unserer Sonne, was ihn zu einem großartigen Ziel für das JWST macht”, sagte Miles. “Das bedeutet, dass sich das Licht des Planeten nicht mit dem Licht seiner Sterne vermischt.” Dieser Umstand half dem Team, die ungestörte Lichtabstrahlung der Atmosphäre des Planeten zu untersuchen. Dies liefert nicht nur detaillierte Informationen über deren Zusammensetzung, sondern kann auch als Vorlage für die Analyse anderer Planeten dienen, für die Beobachtungsbedingungen nicht so günstig sind.
In der oberen Atmosphäre von VHS 1256 b, wo die Silikatwolken brodeln, erreichen die Temperaturen 830 Grad Celsius. James Webb Telescope konnte in diesen Wolken größere und kleinere Silikatstaubkörner entdecken. “Die kleineren Silikatkörner in der Atmosphäre könnten eher winzige Partikel sein, wie sie in Rauch vorkommen”, so Beth Biller von der University of Edinburgh in Schottland. “Die größeren Körner dürften eher wie sehr heiße, sehr kleine Sandpartikel aussehen.”
Die Silikatwolken des Planeten zeigen sich hoch in der Atmosphäre, wo sie von James Webb entdeckt werden können. Ein Grund für die beobachteten Turbulenzen dürfte auch das relativ geringe Alter des Planeten sein: Seit seiner Entstehung sind erst 150 Millionen Jahre vergangen, so dass noch eine erhebliche Menge an Restwärme von seiner Entstehung vorhanden ist. Der Planet dürfte sich über Milliarden von Jahren immer weiter abkühlen und dadurch verändern.
In der jetzt vorgelegten Studie wären, so die Astronominnen und Astronomen, nur die ersten Ergebnisse beschrieben. Die Auswertung der Daten läuft weiter, so dass noch weitere Überraschungen zu erwarten sind. “Wir haben Silikate isoliert, aber um besser zu verstehen, welche Korngrößen und -formen zu bestimmten Wolkentypen passen, ist noch viel zusätzliche Arbeit nötig”, erläutert Elisabeth Matthews vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg. “Dies ist nicht das letzte Wort über diesen Planeten – wir stehen erst am Anfang einer groß angelegten Modellierungsarbeit, um die komplexen Daten von James Webb Telescope zu verstehen.”
Alle Merkmale, die nun mithilfe von James Webb Telescope bei VHS 1256 b beobachtet wurden, hat man zuvor bereits mit anderen Teleskopen und bei anderen Exoplaneten nachweisen können – allerdings in der Regel nur immer jeweils ein Merkmal. “Kein anderes Teleskop hat so viele Merkmale auf einmal für ein einziges Ziel nachgewiesen”, so Paul Mollière vom MPIA. “Wir sehen mit dem James Webb Space Telescope viele Moleküle in einem einzigen Spektrum, die dynamischen Wolken- und Wettersysteme des Planeten detailliert beschreiben.”
“Wir sind stolz darauf, wesentliche technische Elemente wie Filter- und Gitterräder zur Verfügung gestellt zu haben, die Spektralbereiche solcher Beobachtungen festlegen”, sagt MPIA-Direktor Thomas Henning, der auch zum Team gehörte. “Ergebnisse wie diese veranschaulichen die fantastische Qualität dieser Instrumente, und sie werden unser Wissen über den Kosmos revolutionieren.”
Da der Planet in einer so großen Entfernung um seine beiden Sterne kreist, konnten die Forscher ihn direkt beobachten, anstatt die übliche Transit-Technik oder einen Koronografen zu verwenden. Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters erscheinen wird.
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